Die liebsten Liebesgeschichten – Folge 5: Joachim Feldmann

Für dandelion öffnen Blogger, Autoren, Verleger, Herausgeber, Lektoren und andere Verrückte ihre Herzen und stellen uns ihre persönlichen Lieblings-Liebesgeschichten vor.
Heute zu Gast: Joachim Feldmann, geboren 1958. Er hat Literaturgeschichte geschrieben mit dem Printmagazin Am Erker, das seit 1977 erscheint und es bis heute auf 67 Ausgaben gebracht hat. Für das Online-Magazin CULTurMAG bespricht er regelmäßig Krimis.

Von allen populären Literaturgenres hat es der Liebesroman am schwersten. Sich zur Lektüre von Krimis oder Science Fiction zu bekennen, hat nichts Ehrenrühriges mehr. Wer sich allerdings gerne von der Dramatik unerfüllter Beziehungen unterhalten lässt und mit Spannung darauf wartet, dass zwei, die sich schon lange kennen, endlich zueinander finden, behält seine Leidenschaft in der Regel lieber für sich. Andererseits lassen sich berühmte Werke der Weltliteratur durchaus als „Liebesroman“ klassifizieren, aber wohl eher in dem Sinne, wie man Dostojewskis Verbrechen und Strafe als Krimi einordnen kann. Sind Madame Bovary oder Anna Karenina Liebesromane? Zumal den außerehelichen Beziehungen der beiden Damen kein glückliches Ende beschieden ist.
Ich muss gestehen, dass mich Liebesgeschichten in der Literatur schon immer fasziniert haben. Und mein Bedürfnis als Leser ist dabei eher schlicht, wie man an den hier genannten Beispielen leicht erkennen kann.
KästnerMit acht las ich Karl Mays Winnetou 1 und fand Old Shatterhands leider nur sehr kurze romantische Beziehung zu Nschotschi weit weniger spannend als die Blutsbrüderschaft mit Winnetou. Wenig später bewunderte ich, wie der junge Tom Sawyer heldenhaft Schuld und Prügelstrafe auf sich nimmt, um das Herz der von ihm verehrten Becky Thatcher zu gewinnen. Und als Elfjähriger beunruhigte mich die magische Wirkung, welche die mysteriöse Milady in Alexandre Dumas‘ Die drei Musketiere auf die Männerwelt ausübt.
Heute, unzählige Bücher später, lassen sich Leseerfahrungen dieser Art kaum noch reproduzieren. Aber trotzdem bin ich immer wieder gerührt, wenn ich die Geschichte von „Lämmchen“ und Pinneberg in Hans Falladas Kleiner Mann, was nun? lese. Und dass sich Fabian in Der Gang vor die Hunde von seiner Freundin Cornelia trennt, weil sie ihm für eine Filmrolle untreu geworden ist, mag Erich Kästners latenter Misogynie geschuldet sein: Mir bricht das Ende dieser Liebe immer wieder das Leserherz.

3 Kommentare zu “Die liebsten Liebesgeschichten – Folge 5: Joachim Feldmann

  1. Toller Beitrag! Sowohl bei Winnetou und Old Shatterhand als auch bei Huckleberry Finn (aber hier bzgl. Tom) war ich übrigens auch kurz in Versuchung – sind Männerfreundschaften ebenfalls in die Kategorie Liebesgeschichten einzuordnen? Und der „Gang vor die Hunde“ – ja herzzerbrechend. Da bereue ich es fast, dass ich mich auf Happy Ends eingeschossen hatte in meinem Post.

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  2. Sehr schön, Karl May zu erwähnen. Die Blutsbrüderschaft von Winnetou und Old Shatterhand habe ich auch eher über die ganze Buchserie als die eigentliche Liebesgeschichte gelesen. Und dazu die herrlichen Einbandzeichnungen der Jünglinge von Sascha Schneider, einem schwulen Künstler, der mit May befreundet war.

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